Impakt-Airburst

Der Chiemgau-Impakt Airburst?

Schon relativ früh hat es bei der ersten gründlicheren Untersuchung des Krater 004 bei Emmerting Überlegungen und Zweifel daran gegeben, wie denn diese extremen Temperaturen bei diesem kleinen Krater von 11 m Durchmesser bei einem vielleicht nur metergroßen Projektil haben entstehen können. In den folgenden Jahren der CIRT-Forschungen hat es immer mehr Befunde und die Überzeugung gegeben, dass der Chiemgau wohl sehr viel komplexer abgelaufen sein muss und dass das Streufeld nicht einfach nur das Zielgebiet eines heftigen kosmischen Schrotschusses gewesen ist. Eine begleitende gewaltige kosmische Explosion, ein gewaltiger Impakt-Airburst mit Plasma-Bildung und Neutronenstrahlung ähnlich nuklearen Waffenversuchen wurde immer wahrscheinlicher, und in den nachfolgenden Abschnitten werden – eher stichwortartig – diese Beobachtungen angesprochen.

Der Krater 004 bei Emmerting

Für einen Krater des Durchmessers 11 m sollte nach bekannten Skalierungen ein fester Einschlagkörper einen Durchmesser von nicht mehr als 0,5 – 1 m Durchmesser gehabt haben. Ein solches Volumen dürfte etwa verdampft sein und in einer anschließenden vielleicht gleich großen Zone das Gestein geschmolzen sein. Woher das daraus resultierende voluminöse noch heute existierende Geröll-Schmelzmaterial innerhalb des Halos von 20 m Durchmesser stammen soll, erklärt das nicht.

Die Entstehung des Kraters 004 durch einen so kleinen Festkörper-Einschlag wurde deshalb rasch in Zweifel gezogen. Im Rahmen der Airburst-Diskussion steht eine Erklärung als oberflächennahe chemische Airburst-Gasexplosion im Vordergrund.

Die Chiemit-Radiokarbon-Datierung

Der Chiemit vom Chiemgau-Kraterstreufeld ist an zwei Proben nach der Radiokarbon-Methode datiert worden. Über die Entstehungstemperaturen von 2500 – 4000°C bei einer Schock-Inkohlung der betroffenen Vegetation mit der Bildung von Diamant und Carbinen ist an anderen Orten des Museums eine Menge zu erfahren. Interessant ist die Datierung, die kein messbares 14C mehr im Chiemit festgestellt hat, was physikalisch in Jahreszahlen umgerechnet ein Alter von >48 000 Jahren BP bedeuten würde, also weit im Pleistozän und mit dem Alter des Chiemgau-Impaktes und auch mit irgendeinem menschlichen Produkt überhaupt nicht kompatibel. Die Fundumstände im Gelände schließen ein derart hohes Alter für den Chiemit aus, sodass sich die Frage stellt, wo das 14C geblieben ist, und als eine vernünftige Lösung bleibt nur eine Isotopen-Trennung 12C – 14C, was der Impakt bewirkt haben könnte, wenn hier das Model des gewaltigen Airbursts mit Plasmabildung und Neutronen-Strahlung anzusetzen ist

Die Radiokarbon-Datierung – Katastrophenschicht beim Tüttensee-Krater/Mühlbach

14C-datiertes organisches Material (Knochen, Holz, Holzkohle) aus den Brekzien in rund 2 m Tiefe aus der Katastrophenschicht am Tüttensee-Mühlbach.

Datierungsmäßig in die andere Richtung mit viel zu jungen Altern geht es mit diesen Proben. Mittelalterliche Werte und sogar „moderne“, definitionsmäßig Alter von 1950, wurden gemessen. Woher kommt das viel zu viele 14C? Auch von anderen jungen Impakten kennt man die offenbar stark gestörten 14C-Daten. Eine Erklärung ist plausibel: Radioaktives 14C entsteht permanent in der Atmosphäre aus Stickstoff-Molekülen durch Beschuss mit kosmischer Neutronen-Strahlung. Dabei stellt sich ein Gleichgewicht im Verhältnis 12C – 14C ein, das die Basis für die Radiokarbon-Uhr ist, die zu laufen beginnt, wenn der Organismus abgestorben ist und kein 14C mehr aufnimmt.

Nun kommt der Impakt, und wenn wir einen gewaltigen Airburst mit heftiger Neutronenstrahlung in Richtung Erde haben, so erfahren diesen Beschuss auch die Stickstoff-Moleküle in der organischen Materie am Boden und werden – wie in der Atmosphäre – zu radioaktivem 14C umgewandelt. Das stellt die Uhr durch den nun angereicherten 14C-Gehalt ganz erheblich vor, und heute heute messen wir dann die viel zu jungen Alter.

Die granitische Schmelzgesteinsschicht bei Regensburg/Bach

Einen bemerkenswerten Impakt-Airburst nahe der Erdoberfläche belegt eine geologische große Besonderheit auf der Granit-Höhe über der prominenten Donau-Randverwerfung bei Regensburg/Bach. Dort ist auf einer Fläche von grob 500 m x 50 m der oberflächige Granit zu einem Schmelzgestein mit Glasbildung geworden. Vulkanismus und Mensch fallen als Ursache aus, und ein Impaktereignis bleibt als einzige vernünftige Erklärung. Aber es gibt weit und breit keinen erkennbaren Krater, und schon wieder drängt sich der oberflächennahe Airburst auf. Gestützt wird der Impakt durch reichlich sehr starke Schockeffekte. und durch geophysikalische Bodenradarmessungen.

Wer mehr erfahren möchte, schaut doch auf dieses großformatige Poster-PDF von der LPSC 2020 (hier anklicken).

Der sehr seltene Rosa Quarz (engl. pink quartz) im Chiemgau-Streufeld

Hier folgt die deutsche Zusammenfassung eines Artikels zu diesem bemerkenswerten Auftreten im Chiemgau.

Zusammenfassung. – Pink Quarz (im Deutschen vielfach auch rosa Quarz), keinesfalls zu verwechseln mit Rosenquarz, ist eine extrem seltene Farbvarietät, die vollkommen durchsichtig und nur von ganz wenigen Fundorten auf der Erde bekannt ist. Es wird angenommen, dass diese pink/rosa Farbe auf geringe Mengen von Silizium  ersetzendem Aluminium und Phosphor zurückzuführen ist und das Quarz-Material einer natürlichen Gamma-Strahlung ausgesetzt wird. Sand von Bodenproben und aus einer Brekzien-Schicht im Chiemgauer Meteoritenkrater-Streufeld, der jeweils einen vorherrschenden Anteil von pink/rosa Quarz enthält, lässt vermuten, dass normalerweise farbloser Quarz-Sand beim Impakt-Ereignis bestrahlt wurde, was möglicherweise auch in anderen Impakt-Kratern beobachtet werden kann.

Aus diesem Artikel in englischer Sprache ist die folgende Abbildung, hier in deutscher Übersetzung, entnommen worden, die den entscheidenden Beitrag eines Impakt-Airbursts deutlich macht.

Die unverhältnismäßig flachen großen Impakt-Krater

Der über 200 m große Krater von Riederting als 3D-Morphologie des Digitalen Geländemodells DGM1 (stark überhöht, siehe folgendes Bild).

Verschieden Zusammenstellungen für das Tiefe-zu-Durchmesser-Verhältnis (T/D) für irdische sogenannte einfache Krater (schüsselförmig bis zu Durchmessern von wenigen Kilometern) liefern etwa Werte von 1:5 bis 1:7.

Bei den größeren Kratern im Chiemgau-Streufeld haben wir auffälliger Weise in vielen Fällen ein erheblich geringeres Verhältnis, mit anderen Worten: die Krater erscheinen viel zu flach. Ein charakteristisches Beispiel sind die einander verblüffend ähnlichen Krater von Bergham und Riederting, für die das folgende Bild diametrale Profile aus dem Digitalen Geländemodell zeigt. Beide Krater haben Durchmesser von über 200 m, aber die Tiefen, gerechnet vom umgebenden Geländeniveau, betragen gerade mal 10 m bei Bergham und kaum mehr als 5 m bei Riederting. Das sind T/D-Verhältnisse von 1:20 bis 1:40. Bei vielen der größeren Krater verhält es sich genauso.

Was ist hier anders? Am Impakt-Ursprung besteht kein Zweifel, wie die praktisch kreisrunden, leicht umwallten Formen mit fast deckungsgleichen diametralen Höhen-Profilen vermitteln. Über 10 000 Jahre alte Toteis-Strukturen kann man ausschließen.

Einen Schlüssel kann des Bodenradar-Profil von Regensburg/Bach liefern, dessen flacher, exakt kreisförmiger Bruch im Granit (Bild oben) mit dem dortigen großen Airburst, seiner Schock- und überlagernden Entlastungs-Wellenfont in Verbindung gebracht wurde.

Ganz vergleichbar: Kleinerer Impakt-Airburst über der Erdoberfläche – Schockfront gegen die Oberfläche – Reflexion dort in der Interferenzzone zur überlagernden Entlastungsfront – Hochgeschwindigkeits-Auswurf der sogenannten spall plates (Melosh 1989) bis zur Basis der Interferenzzone – ein sehr flacher Krater in dem sehr lockeren quartären sandig-kiesigen Material bleibt übrig.

Beim Granit ist nur das anders, dass das feste granitische Material dem Auswurf widersteht und einfach an Ort und Stelle verbleibt.

Die den Chiemgau-Impakt begleitenden Airbursts gewinnen immer mehr Konturen.