Der Chiemgau-Impakt

Der Tüttensee-Krater im Luftbild von Google Earth.

Die Geschichte beginnt mit einer Gruppe engagierter und zudem sehr erfahrener Heimatforscher und Amateuarchäologen. Mit behördlicher Genehmigung orten und bergen sie archäologische Funde in der Region Altötting-Burghausen und stoßen nach Signalen ihrer Metallsuchgeräte tief im Boden immer wieder auf metallisch glänzende Partikel unterschiedlichster Formen.

Sie sind außergewöhnliche archäologische Funde gewohnt, aber so etwas haben sie noch nie gesehen. Auch die Fundlagen sind überraschend, vielfach in völlig unberührten Böden, in uralten Wäldern unter ebenso alten Baumwurzeln, in einem besonderen Fall unter einem mittelalterlichen Münzschutz, auf den die Sonde zunächst angesprochen hatte. Aus der Industrie beabsichtigt oder unbeabsichtigt entsorgtes Material? Die erfahrenen Ausgräber schließen das kategorisch aus. Aber dann fällt ihnen auf, dass sich die metallischen Partikel für ihre Anreicherung häufig auch noch ganz besondere Orte ausgesucht haben: die Nähe kraterähnlicher Hohlformen im Gelände, die in aller Regel einen ausgeprägten Ringwall besitzen.

Bombenkrater sehen so aus, Erzschürfgruben haben Ähnlichkeiten, auf den kanarischen Inseln gedeihen Weinstöcke in solchen kleinen Kratern. Aber bei genauester Inspizierung fällt auf, dass praktisch nie menschliches Wirken erkennbar ist, keinerlei menschliche Hinterlassenschaften angetroffen werden. Bombenkrater sind immer durchsetzt mit Stahlsplittern, bei denen die Metallsuchgeräte sofort angeschlagen hätten. Bei Verhüttungsstellen oder Kalkbrennöfen wäre man auf Holzkohle gestoßen, hätte Konstruktionen aus Holz oder Gestein ausgegraben. Nichts. Und es werden mehr und mehr Krater entdeckt, bald auch solche mit größeren Durchmessern identifiziert.

Und dann zählen die Heimatforscher eines Tages eins und eins zusammen. Die eine Eins, das sind die unbekannten metallischen Bröckchen, deren Oberfläche häufig an einen Schmelzfluss erinnert. Die andere Eins, das sind die vielen Krater mit Ringwall, die offenbar nicht der Mensch gemacht hat. Zwei, die Summe – das ist die Idee, dass es ein kosmisches Ereignis gegeben haben könne, einen riesigen Meteoritenschauer in einer Kollision mit der Erde, der das ungewöhnliche Material angeliefert und die Krater geformt hat.

Gewissenhaft in ihrer ganzen Arbeit – alle Fundstellen und Krater mit allen Besonderheiten sind sorgfältig dokumentiert worden (bald findet die Zahl 80 Eingang in die Kraterauflistung) – wenden sie sich an Ämter und Institute und unterbreiten ihre Vorstellungen. Vielleicht wäre alles ganz anders gelaufen, wenn sie nicht eines Tages auch im heimischen Landratsamt vorsprechen und ihre Karten der abgestuften Verbreitung von Kratern und ungewöhnlichem Material auf den Tisch legen. Was das nun schon wieder soll … wundert sich der Landrat. Genau dieselben Karten habe er doch schon vor einem Jahr hier gehabt. Des Rätsels Lösung ist ein anderer Besucher, der im Landratsamt zu tun hatte. Dr. B. Raeymaeker ist Chemiker und Hobbyimker. In einer von der bayerischen Staatsregierung geförderten Studie hat er im Landkreis systematisch Bienenhonig von Völkern aus der gesamten Region auf mögliche Schadstoffe untersucht.

Der Honig ist nicht zu beanstanden, aber mit der heutigen ultrafeinen Analysetechnik fallen ihm doch eigenartige Elementanreicherungen auf. Er hat sie in Karten unterschiedlicher Signifikanz eingetragen und hat diese eines Tages ebenfalls im Landratsamt vorgelegt. Und dann ist die Verblüffung groß: Beide Karten auf dem Tisch nebeneinander gelegt zeigen mehr oder weniger dieselben Umrisse der auffälligen Verteilungen. Dr. Raeymakers Ergebnisse werden 2006 in der Zeitschrift Environmental Monitoring and Assessment unter dem Titel „A Prospective Biomonitoring Campaign with Honey Bees in a District of Upper-Bavaria (Germany)“ veröffentlicht. In der Artikel-Zusammenfassung schreibt er unter anderem (übersetzt): Eine Anomalie in einem beträchtlichen Teil der beprobten Fläche, die mit anderen Phänomenen korreliert, führt zur Hypothese eines prähistorischen kosmischen Impaktes.

Und dann zählen die Heimatforscher eines Tages eins und eins zusammen. Die eine Eins, das sind die unbekannten metallischen Bröckchen, deren Oberfläche häufig an einen Schmelzfluss erinnert . Die andere Eins, das sind die vielen Krater mit Ringwall, die offenbar nicht der Mensch gemacht hat. Zwei, die Summe – das ist die Idee, dass es ein kosmisches Ereignis gegeben haben könne, einen riesigen Meteoritenschauer in einer Kollision mit der Erde, der das ungewöhnliche Material angeliefert und die Krater geformt hat.

Gewissenhaft in ihrer ganzen Arbeit – alle Fundstellen und Krater mit allen Besonderheiten sind sorgfältig dokumentiert worden (bald findet die Zahl 80 Eingang in die Kraterauflistung) – wenden sie sich an Ämter und Institute und unterbreiten ihre Vorstellungen. Vielleicht wäre alles ganz anders gelaufen, wenn sie nicht eines Tages auch im heimischen Landratsamt vorsprechen und ihre Karten der abgestuften Verbreitung von Kratern und ungewöhnlichem Material auf den Tisch legen. Was das nun schon wieder soll … wundert sich der Landrat. Genau dieselben Karten habe er doch schon vor einem Jahr hier gehabt. Des Rätsels Lösung ist ein anderer Besucher, der im Landratsamt zu tun hatte. Dr. B. Raeymaeker ist Chemiker und Hobbyimker. In einer von der bayerischen Staatsregierung geförderten Studie hat er im Landkreis systematisch Bienenhonig von Völkern aus der gesamten Region auf mögliche Schadstoffe untersucht. Der Honig ist nicht zu beanstanden, aber mit der heutigen ultrafeinen Analysetechnik fallen ihm doch eigenartige Elementanreicherungen auf. Er hat sie in Karten unterschiedlicher Signifikanz eingetragen und hat diese eines Tages ebenfalls im Landratsamt vorgelegt. Und dann ist die Verblüffung groß: Beide Karten auf dem Tisch nebeneinander gelegt zeigen mehr oder weniger dieselben Umrisse der auffälligen Verteilungen. Dr. Raeymakers Ergebnisse werden 2006 in der Zeitschrift Environmental Monitoring and Assessment unter dem Titel „A Prospective Biomonitoring Campaign with Honey Bees in a District of Upper-Bavaria (Germany)“ veröffentlicht. In der Artikel-Zusammenfassung schreibt er unter anderem (übersetzt): Eine Anomalie in einem beträchtlichen Teil der beprobten Fläche, die mit anderen Phänomenen korreliert, führt zur Hypothese eines prähistorischen kosmischen Impaktes.

Der Besuch im Landratsamt sollte Wirkung zeigen. In der lokalen Presse wird berichtet, Landesdenkmalamt und Geologisches Landesamt (heute in das Landesamt für Umwelt, LfU, eingegliedert) werden aufmerksam, aber allererste konkrete Untersuchungen leiten Forscher der Universitäten München und Tübingen ein. In der Folgezeit bleiben Dissonanzen nicht aus, was angesichts des Spektakulären der Entdeckung der Heimatforscher nicht übermäßig überraschend kommt. Sie, die Entdecker, die ausdauernd, akribisch und mit einem erheblichen persönlichen finanziellen Aufwand die Untersuchungen vorangetrieben haben, sind plötzlich überflüssig. Zutiefst enttäuscht von dieser Entwicklung und Behandlung wenden sie sich ab und anderen Wissenschaftlern zu. Das ist die Geburtsstunde des Chiemgau Impact Research Teams (CIRT), in dem sich nach und nach Wissenschaftler der unterschiedlichsten Fachrichtungen mit der Gruppe der Heimatforscher zusammenschließen. Geologie, Mineralogie, Geophysik, Impaktforschung, Astronomie und Archäoastronomie, Geschichtswissenschaft sind vertreten. Bodenkunde und Geomorphologie sowie Archäologie finden später dazu.

Die neue Arbeitsgruppe betrachtet die Einschlaghypothese ebenfalls als realistisch, es steht aber auch rasch fest, dass das Ereignis wesentlich größere Dimensionen besitzt, sowohl was die flächige Ausdehnung als auch die Fülle der Phänomene betrifft. Vom Gebiet der ersten beobachteten Krateranhäufung bei Altötting-Burghausen bis an den Chiemsee reicht nunmehr das Streufeld .

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Und dann wird den Forschern ganz plötzlich klar, dass der Tüttensee bei Grabenstätt ein Meteoritenkrater sein muss – kein in der Eiszeit geformtes Toteisloch, wie von Geologen immer als selbstverständlich angenommen. Ungefähr 600 m Durchmesser besitzt der den etwa 400 m messenden See umschließende, etwa 8 m hohe Ringwall.

Die neuen Ergebnisse führen 2004 zu einer ersten Veröffentlichung in der amerikanischen Online-Zeitschrift Astronomy, die in den Medien weltweit starke Resonanz hervorruft. DER SPIEGEL spricht in einem Artikel vom „Big Bang in Bavaria“. Die Medien (Magazine, Funk, Fernsehen) beschäftigt das Thema weiterhin sehr stark – nicht immer zum Wohle der Wissenschaft. An einigen Stellen in der Fachwissenschaft regen sich Widerstände, ohne dass von dort irgendwelche eigene Untersuchungen publiziert wurden, ein Umstand, der sich bis heute nicht geändert hat. Angesichts des Spektakulären der Entdeckung im südostbayerischen Raum ist das nicht weiter verwunderlich und in der Wissenschaft allgemein nicht unbekannt. Dokumente der eigenen Forschungen des CIRT liegen heute in Form von Beiträgen zu vielen internationalen Tagungen sowie in Form von verschiedenen Artikeln in internationalen Zeitschriften vor (hier anzuklicken).